Nach der Standardisierung, der Virtualisierung und der Automatisierung kommt als nächster Transformationsschritt in der KMU-IT die Auslagerung in die Cloud.
Die Transformation der IT-Infrastruktur macht auch vor den Türen der KMU nicht Halt. Die Entwicklungsschritte von der Standardisierung zur Virtualisierung hat heute schon ein grosser Teil der Unternehmen durchlaufen. Es ist mittlerweile bewiesen, dass durch eine möglichst homogene und standardisierte Umgebung Kosten gespart werden können.
Die Virtualisierung bringt zusätzlich zu den Kosteneinsparungen weitere Vorteile. Neue Business-Prozesse können einfacher bereitgestellt und Verfügbarkeitsszenarien einfach umgesetzt werden – dies nur zwei Beispiele von vielen. Das Thema Virtualisierung ist aber bei weitem nicht abgeschlossen, obwohl bereits heute gemäss Zahlen der Marktforscher von IDC deutlich über 70 Prozent der Applikationen auf virtualisierten Servern laufen. Potential gibt es beispielsweise im Bereich Desktop-Virtualisierung, die man heute zwar vermehrt auch im KMU antrifft, die den ganz grossen Durchbruch bislang aber noch nicht geschafft hat. Die Gründe dafür sind primär in den doch relativ hohen Investitionskosten zu suchen. Und auch die Applikations-Virtualisierung hat einen Reifegrad erreicht, welcher die Technologie auch für mittelgrosse Firmen interessant macht. Ein Hindernis für die schnelle und flächendeckende Verbreitung der Technologie stellen hier allerdings die Lizenzbestimmungen einzelner Software-Anbieter dar.
Als nächster Entwicklungsschritt in der IT-Infrastruktur folgt nun die Automatisierung. Diese ist, zumindest im klassischen Schweizer KMU, bis heute noch gar nicht oder allenfalls nur vereinzelt angekommen. Wie so oft hat dies mehrere Gründe. Zum einen ist die Einstiegsschwelle heute immer noch relativ hoch. Somit ist ein Return on Investment erst nach einer längeren Zeit festzustellen. Zum anderen ist die manuelle Ausführung von Arbeiten überschaubar – beispielsweise die Aufgabe, bei zwanzig PC-Arbeitsplätzen eine neue Anwendung oder ein Update zu installieren. Wo allerdings eine einfache Automatisierung möglich ist, wird sie auch eingesetzt. Ein gutes Beispiel dafür ist der Einsatz von WSUS (Windows Server Update Services) oder RDS (Remote Desktop Services) für die zentrale und vereinfachte Verteilung von Software-Patches. Ein Return on Investment wird hier unmittelbar erreicht.
Ansprüche an die IT-Infrastruktur
Die Architektur einer IT-Infrastruktur leitet sich auf der einen Seite aus den benötigten Services ab. Welche Services oder Dienste benötigt werden, weiss ein KMU eigentlich sehr genau. Es sind in den meisten Fällen nicht weniger als bei einem Grossunternehmen. Auch in KMU wird das gesamte Spektrum von Office-Automation, ERP, Accounting, Workflow-Support, Collaboration, Information-Management, Mobile-Phone-Integration und sicherer externer Zugriff benötigt.
Auf der anderen Seite haben die Anforderungen an die Verfügbarkeit einen wichtigen Einfluss auf die Architektur. Über diesen Punkt machen sich kleinere KMU erfahrungsgemäss weniger Gedanken. Vielmehr verlässt man sich darauf, dass die herkömmlichen Massnahmen wie Backup und Virtualisierung die Anforderungen erfüllen, ohne jedoch die Anforderungen genau zu kennen, noch sich mit den Auswirkungen eines grösseren Ausfalls beschäftigt zu haben. Entsprechend existiert auch in den wenigsten Fällen eine Notfallplanung, welche bei einem Ausfall die Tragweite begrenzen könnte. Nebst denfunktionalen Ansprüchen an die IT-Infrastruktur gilt es auch die organisatorischen Ansprüche zu berücksichtigen. Das breite Spektrum an Anforderungen hat somit zur Folge, dass die IT-Infrastruktur eines KMU nahezu die volle Komplexität eines Grossunternehmens aufweist.
Cloudisierung auch beim KMU?
Aber aufgepasst: Cloud ist nicht gleich Cloud. Gegenüber einer herkömmlichen lokalen Infrastruktur gilt es doch einige Punkte zu beachten. Die Auswahl des Cloud-Anbieters und der Cloud-Services sind zwei ganz entscheidende Punkte. Im Moment haben Software-as-a-Service-Angebote (SaaS) wieder Hochkonjunktur. Fast wöchentlich bietet ein Software-Hersteller seine Applikation neu auch als Cloud-Service an. Auf den ersten Blick ist es naheliegend, den Service direkt beim Hersteller zu Applikation neu auch als Cloud-Service an. Auf den ersten Blick ist es naheliegend, den Service direkt beim Hersteller zu abonnieren, bei näherer Betrachtung aber muss man relativieren. Werden sämtliche Services beim jeweiligen Hersteller bezogen, hat man plötzlich vier bis zwölf verschiedene Service- beziehungsweise Cloud-Provider. Es ist offensichtlich, dass die Interoperabilität zwischen den Anbietern dabei eine grössere Herausforderung darstellen wird, welche für ein KMU kaum zu managen ist. Hinzu kommt: Ein guter Software-Hersteller ist nicht zwingend auch ein guter Cloud-Service-Provider. Der administrative Aufwand ist im Fall von mehreren Anbietern schlussendlich nur das kleinere Problem.
Für ein KMU ist es somit von essentieller Bedeutung, für die nächsten drei bis fünf Jahre eine klare Vision und Strategie für die eigene IT-Architektur zu definieren. Die unkoordinierte Migration von einzelnen Services in die Cloud führt in den meisten Fällen zu Mehrkosten bei der nächsten Rück- oder Überführung zu einem anderen Service-Anbieter. Im schlechtesten Fall entwickelt sich der abonnierte Service in die entgegengesetzte Strategierichtung des eigenen Unternehmens, oder es passiert, dass der Anbieter die abgemachten Leistungen durch geschäftlichen Misserfolg nicht mehr erbringen kann.
IaaS als Chance
Ebenfalls eine grosse Chance für ein KMU kann der Infrastructure-as-a-Service-Ansatz (IaaS) sein. Mit Zusatzleistungen lassen sich massgeschneiderte IaaS-Lösungen konstruieren und individuell schrittweise oder sogar als Big-Bang in der Cloud bereitstellen. Für das Gelingen eines solchen Projektes sind jedoch mehrere Faktoren von entscheidender Bedeutung:
Ordentliche Planung, abgestimmt auf die Business- und IT-Strategie
Professioneller und zuverlässiger Cloud-Anbieter
Erfahrener und kompetenter IT-Partner für die Umsetzung der Migration
Massgeschneidertes Service Level Agreement (SLA) für den Betrieb
Klar definiertes Exit-Management
Werden diese Punkte eingehalten, ist es bereits heute möglich, auf eine lokale Server-Infrastruktur zu verzichten. Wem dieser Ansatz zu radikal scheint, dem bietet sich die Möglichkeit, mit einer Hybrid-Architektur einen Teil lokal und einen Teil aus der Cloud zu betreiben. Dabei können ganze Services, in den meisten Fällen virtuelle Instanzen, nahezu dynamisch von der lokalen Umgebung in die Cloud verschoben werden – und natürlich auch umgekehrt.
Beitrag erstellt von René Jenni und veröffentlicht in der März Ausgabe des Swiss IT Magazins